Lehrausbildung

Wissenswertes

Einzigartig in der Geschichte des gewerblichen Klöppelns erfolgte im VEB Handklöppelspitze von 1982 bis 1992 die Lehrausbildung des Berufsbildes zum „Handklöppler“. In diesen zehn Jahren wurden 60 Handklöppler/innen im anerkannten Handwerksberuf ausgebildet und im Unternehmen als Festangestellte beschäftigt. 1993 wurde dieser Handwerksberuf von der Ausbildungsliste der Handwerkskammer jedoch gestrichen.

Der Lehrplan einer Handklöpplerin umfasste das Lernen, das Anwenden und das Beherrschen von 15 europäische Klöppeltechniken. Die Techniken wurden gegliedert nach den Stilepochen. Die Anwendungen der Techniken der Handklöppelspitze in den Stilepochen ist meist nur anhand von Gemälden nachweisbar.

Renaissance 15.-16. Jahrhundert

Flechtspitze

Sie ist die erste freie Klöppelspitze, die sich in der Stilepoche der Renaissance im 15.-16. Jahrhundert entwickelte. In Europa wurde sie, aus Italien kommend, bekannt. Die Flechtspitze ist eine sehr gut geeignete Besatzspitze als schmückendes Element von Säumen. Sie führte den Übergang von der Flächenbildung zur gestalteten Zacke als Abschlusskante aus. In der zeitlichen Reihenfolge der Spitzenkunst ist die Flechtspitze nach der Franzenbildung und der Knüpfarbeit – Macramé – einzuordnen.

Reticella

Eine typische Spitze der Renaissance, geometrisch aufgebaut und doch verspielt. Mit Formschlägen in vielen Figuren zeichnet sich die hohe Kunst der Handklöppelspitze ab. Neben runden, in der Mitte ausgesparten, oder halbrunden Formenschlägen, steht der dreieckig geklöppelte Formenschlag in der Musterung im Vordergrund.

Reliefspitze

Die „Hohe Kunst“ der Handklöppelspitze

Sie ist wohl die ausdrucksvollste und zugleich komplizierteste Spitze in ihrer Herstellung. Das Ursprungsland dieser Technik ist Italien. Sowohl die vollendete Mustergestaltung – ein Meisterstück im Spitzenentwurf – als auch die hohen Anforderungen an das Talent der Klöpplerin begründen die „Kostbarste Spitze“ aller Spitzen. Ihren Höhepunkt hatte sie in der Epoche des Barocks. Ausgeführt in peinlichster Präzision fügt sich Ornament an Ornament.

Mailänder Spitze

Die traditionelle Mailänder Spitze repräsentiert die Klöppelkunst im Stil des Barocks. Sie beherrscht das Wesen des Malerischen und strebt nach dekorativer, wuchtiger Gestaltung. Sie ist als erste Spitze mit Grund einzustufen und gehört in der Klassifizierung zu den Bändchenspitzen. Mit Beginn dieser Technik wird die strenge quadratische Aufteilung der Spitzen verdrängt. Die Ranke wird zum herrschenden Motiv und formt in ihrer bewegten Linienführung neue, ausdrucksvollere Ornamente.

Ragusaspitze

Von der Entwicklung her ist diese Spitze in die Epoche des Barocks einzuordnen. Benannt wurde sie nach der Stadt „Ragusa“, Dalmatien, dem heutigen Dubrownik, in Jugoslawien. Hervorgegangen ist sie aus der gotischen Flechttechnik. Die spitzen Formen wurden beibehalten.

Gimpenspitze

Die Gimpenspitze ist in die Stilepoche des Barocks einzuordnen. Es ist anzunehmen, dass diese Spitze von Spanien aus in Europa eingeführt wurde. Gearbeitet hat man sie in Italien, Belgien und Flandern. Ihren Namen erhielt die Spitze durch die Besonderheit der Einarbeitung einer Gimpe – umsponnener Faden -, auch als Schnur bezeichnet. Sie unterstreicht die einzelnen Musterformen und erzielt ein plastisches Hervorheben.

Valenciennes­spitze

Die Entwicklung dieser Spitze ist in den Niederlanden zu verzeichnen. Nach den Anfängen im 16. Jahrhundert kam die Blütezeit im 18. Jahrhundert. Die Musterungen zeigen sich vom Hochbarock bis zum Rokokostil. Die Valenciennesspitze ist trotz des hauchdünnen Leinengarnes und ihrer Feinheit eine sehr haltbare und dauerhafte Spitze.

Brüsseler Spitze

„Königin der Spitzen“

Der Name bezeichnet den Ort, in dem die Entwicklung dieser Technik vorwiegend ihren Verlauf nahm. Die Blütezeit reichte von der Epoche des Barocks bis zum Klassizismus. Die Gruppe der Brüsseler Spitzen umfasst auch die Brüsseler Nadelspitze sowie die Brüsseler Applikationen. In dieser Dokumentation geht es ausschließlich um die Brüsseler Handklöppelspitze.

Die Charakteristik in der Barockzeit – schwere und üppige Fülle – wandelte sich im Stil des Rokoko zur leichten, zierlichen und verspielten Spitze ab, welche im Klassizismus beibehalten wurde.

Mechelner Spitze

Die Mechelner Spitze ist zeitlich in ihrer Entwicklung beginnend in der Epoche des Barocks und in ihrer Vollendung im Zeitalter des Rokoko einzuordnen. Sie beherrscht bis zum heutigen Tage die Klöppelkunst in Belgien. Typisches Merkmal ist die Umschließung der Formen mit dem Cordonnetfaden. Die zahlreichen, sehr feinen Ziernetzpartien werden vorwiegend in Droschel- oder Tüllgrund ausgeführt.

Klassizismus 1770-1830

Duchesse Spitze

„Fürstin der Spitzen“

Belgischer Herkunft, in die Mitte des 18. Jahrhunderts einzuordnen. Die Duchesse Spitze als Kombinationsspitze stellt das Klöppeln in höchster Vollkommenheit dar. Sie vereinigt in besonderer Harmonie verschiedene Spitzentechniken sowohl der Klöppel- als auch der Nadelspitze. Gearbeitet als offene Spitze, lässt sie ein Spiel mit dem Faden zu. Unterschiedliche, in Anwendung gebrachte Fadenstärken und -arten, der Wechsel der Füllungen von Motiven vom luftigen Halbschlag zum zarten Leinenschlag, bewirken eine Schattierung des Gebildes.