Musterfundus

Musterfundus

Gem. des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrates der DDR vom 09.02.1972 kaufte der ehemalige DDR-Staat von den letzten noch in der DDR bestehenden Verlegern der Handklöppelspitze:

Rudolf Ott, Oswald Lang – Rittersgrün; Martin Matthes – Schneeberg; Georg Ficker, Max Oelsner – Schwarzenberg; Erich Hartmann KG Schwarzenberg die in deren „Geistigem Eigentum“ stehenden Mustervorgaben und Werkszeichnungen für die Produktion von Handklöppelspitzen auf.

Diese Mustervorgaben für die Herstellung von über 14.000 verschiedenen Produkten und deren ausschließliche Rechte wurden dem neu gegründeten volkseigenen Betrieb „VEB Handklöppelspitze“ zum 24.04.1972 übertragen. Der in der DDR einzige bestehende „VEB Handklöppelspitze“ wurde als ein Teilbetrieb des Kombinates Deko Plauen geführt.

Übernommen in den Manufakturbetrieb wurden 1972 auch die Heimarbeiterinnen und Musterzeichnerinnen der einstigen Unternehmungen. Mit der Zusammenführung standen 1972 dem VEB Handklöppelspitze damit auch über 1.100 Heimarbeiter/innen zur Verfügung.

Der Musterzeichner – Patroneur, Mustermacher oder Dessinateur – war ein ehemaliger Beruf des Textil verarbeitenden Gewerbes. Musterzeichner waren stets Festangestellte der Firma. Sie hatten eine dreijährige Aussbildung in der Firma und an der Fachhochschule für angewandte Kunst.

Die hohe Kunst der Gestaltung

Grundlage für die Fertigung einer jeden „Echten Spitze“ bildet die Werkszeichnung. Auch im heutigen Zeitalter der Technik können und werden neue Muster nur in der alten, herkömmlichen Weise gefertigt.

Die Erarbeitung einer Werkszeichnung liegt nicht nur im Wert der „künstlerischen Gestaltung“, sondern auch im Wert der Herstellung dieser meist weit über dem Wert der Handklöppelspitze als Fertigprodukt selbst.

Die Musterzeichnungen, auch Werkszeichnungen genannt, sind die einen Manufakturbetrieb ausmachende Grundlage für die Herstellung einer Handklöppelspitze, gleich in welcher Variante, Technik, Größe oder Gestaltungsform, ob als Meterware, Borten, Einsätze, Deckchen, rund, oval, rechteckig oder quadratisch, Schmuckelemente oder Accessoires in der Mode, Bildklöppelei und vielem Anderen.

Die Werkszeichnung ist die vollendete technische Zeichnung, das Herzstück des Manufakturbetriebes. Jeder Verleger, ob in der Vergangenheit oder in der Gegenwart, kennzeichnete seine alleinigen Nutzungs- und Verwertungsrechte an den Werkszeichnungen mit dem Namen seiner Unternehmung.

Die im VEB Handklöppelspitze eingebrachten und angefertigten Werkszeichnungen führen neben der IP-Musternummer zur Provenienz den Stempelaufdruck.

Das Muster ist geistiges Eigentum.

Nacharbeiten verboten!

VEB Handklöppelspitze

Beginnend von der Skizze, der Bleistiftzeichnung, der Werkszeichnung, der Mustervorlage (Stechblatt) bis hin zum Fertigprodukt sind es nach der Gesetzgebung urheberrechtlich und wettbewerbsrechtlich geschützte Werke des Kunsthandwerkes, der angewandten Kunst.

Das Geistige Eigentum, international Intellectual Property, kurz: IP, genannt, wurde in der DDR bereits im gewerblichen Rechtsschutz angewendet. In der BRD spricht man erst seit einigen Jahren in der Zusammenfassung der verschiedenen Immaterialgüterrechte wie gewerblicher Schutzrechte, Urheberrechte und Wettbewerbsrechte, von dem „Geistigen Eigentum“.

Bereits aus den Anfängen des Klöppelns, der fast 500-jährigen Geschichte des gewerblichen Klöppelns im Erzgebirge, ist bekannt, dass die Mustervorgaben im Eigentum und in den alleinigen Nutzungsrechten der jeweiligen Verleger standen. Nur sie verfügten über diese und nur sie konnten alle ableitenden Rechte geltend machen.

Im Einzelfall konnte jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass auch Klöppelarbeiten für Dritte hergestellt wurden. Dies wiederum führte zu Klagen seitens der Verleger und nachfolgend zu dem Befehl der

Bestrafung ungetreuer Klöppelmägde“.

(Codex Augustus vom 04.04.1721)

Anhaltend bis zum heutigen Tag liegt die Bewunderung und Begeisterung in der Herstellung und in der Klöppelspitze selbst. Die Mustergestaltung kommt dabei selten zum Ruhm.